Stellungnahme zu Verstößen gegen die Selbstbestimmung und Menschenwürde

Misshandlungen und Übergriffe prägten den Alltag in Anstalten und Heimen in beiden Teilen Deutschlands vor allem in den 50er, 60er und 70er Jahren, teilweise sogar bis in die 90er Jahre hinein. Das Buch „Schläge im Namen des Herrn“, aber auch die jüngsten Veröffentlichungen zahlreicher solcher Fälle haben diese bittere Wahrheit ins Licht der Öffentlichkeit gerückt.

Als eine der ältesten Einrichtungen für Menschen mit Behinderung hat auch die Evangelische Stiftung Hephata Anteil an der Geschichte der „schwarzen Pädagogik“ in der Nachkriegszeit und möchte nicht den Anschein erwecken, dass es anders gewesen sei (siehe „Westdeutsche Zeitung“ vom 08.04.2010). Hephata bedauert jedes geschehene Unrecht zutiefst.

Ein ehrlicher Umgang mit ihrer Geschichte gehört zu den Prinzipien, unter denen die Stiftung ihre Arbeit heute wahrnimmt. So heißt es in ihrem Leitbild: „Wir wissen um Brüche in der Geschichte Hephatas. Dass in Hephata auch Unrecht geschehen ist, mahnt, verpflichtet und motiviert uns, für die Würde und das Recht auf Leben, für Glück und Freiheit eines jeden Menschen einzutreten.“

Seit Mitte der 90er Jahre und dem damaligen Neuanfang unter Johannes Degen und Klaus-Dieter Tichy hat sich die Stiftung Hephata intensiv mit den Ursachen und Rahmenbedingungen der „schwarzen Pädagogik“ in Anstalten und Heimen befasst und in der Folge ihre eigene Arbeit fundamental verändert:

  • Schon mit Gründung der Schule für Heilerziehungspflege im Jahr 1970 war dem eklatanten Ausbildungsmangel in der Heilerziehungspflege begegnet worden.
  • Mit der vollständigen Auflösung der Anstaltsstruktur als einer geschlossenen Sonderwelt wurden entscheidende Rahmenbedingungen für Übergriffe und deren Vertuschung zerstört.
  • Mit den Zielwerten „Assistenz – Selbstbestimmung – Integration“ wurden das Berufsethos und die auch arbeitsrechtlich relevanten Qualitätsmerkmale neu definiert.
  • Mit dezentralen Wohnangeboten und dem Konzept eines „Lebens in Nachbarschaft“ wurde für Transparenz nach außen, mit einem effektiven Qualitätssicherungssystem und einem strikten Verhalten bei Regelverstößen für Transparenz nach innen gesorgt.
  • Als Mitglied des Brüsseler Kreises sowie als Gründungsmitglied der Bundesinitiative „Daheim statt Heim“ setzt sich Hephata offensiv ein für einen Wettbewerb, der den Klienten Wahlmöglichkeiten bezüglich ihres Assistenzbedarfes eröffnet und auch bei intensivem Betreuungsbedarf Alternativen zur Unterbringung im Heim bietet.
  • Im Rückblick auf „150 Jahre Hephata“ im Jahre 2009 war die Stiftung um einen ehrlichen Umgang mit ihrer Geschichte bemüht, wie es besonders im HephataMagazin 20/2009 und in der Wanderausstellung „Menschen mit Behinderung – versteckt, verwahrt, gefördert, inkludiert“ zum Ausdruck kam.
  • Seit Einrichtung der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ arbeitet die Stiftung Hephata betroffenen ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner intensiv zu und unterstützt sie so weit als eben möglich bei der Beschaffung notwendiger Unterlagen. Sie pflegt dabei auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen, wie etwa dem Verein „1. Community Mönchengladbach e. V.“.

All diese Maßnahmen können geschehenes Unrecht nicht ungeschehen machen. Hephata bedauert dies zutiefst und bittet Menschen, die Opfer von Übergriffen wurden, sich direkt an die Stiftung zu wenden. Dass in Hephata auch Unrecht geschehen ist, verpflichtet und motiviert uns, in Gegenwart und Zukunft für die Würde und das Recht auf Leben, für Glück und Freiheit eines jeden Menschen einzutreten.

Christian Dopheide
theologischer Vorstand

Klaus-Dieter Tichy
kaufmännischer Vorstand