Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Zum Tag des Gedenkens an die Opfer der Nationalsozialisten

Am Holocaust-Gedenktag erinnern wir auch an alle Euthanasie-Opfer und die 180 Menschen aus Hephata, die durch die Aktion Gnadentod ums Leben kamen. Ihre Namen sind in einem Gedenkbuch erfasst, das in der Hephata-Kirche ausliegt.

Ein Opfer ist Heinz-Jakszt.

Heinz Jakszt wird am 13. Mai 1923 in Essen geboren. Sein Vater ist Fabrikarbeiter. Heinz ist normal entwickelt und besucht die Volksschule. Im Alter von zehn Jahren - 1933 - fällt Heinz von einem zwei Meter hohen Gerüst. Ein Jahr später bekommt Heinz zum ersten Mal epileptische Anfälle von etwa zehn Minuten Dauer.

1937 stirbt Heinz Mutter an einem Herzklappenfehler. Heinz ist inzwischen 14 Jahre alt. Er wird konfirmiert und besucht die Volksschule bis zur 8. Klasse. Nach Abschluss der Schule findet er sich in keiner Anstellung zurecht, wird als unzufrieden und gereizt beschrieben. Er beginnt zu stottern. Der Vater ist gegenüber Heinz Problemen hilflos. So wird Heinz am 15. Juli 1939 mit 16 Jahren in die Jugendpsychiatrie Bonn - damals als Rheinische Provinzial-Kinderanstalt für seelisch Abnorme bezeichnet - eingewiesen und begutachtet. Am 21.9.1939 wird er von dort nach Hephata verlegt.

In Heinz Jakszt Krankenakte befinden sich folgende Eintragungen:
12.3.41 Es handelt sich um eine epileptische Demenz. Kann lesen und schreiben. Arbeitet in der Kartoffelschälerei.
12.7.43: Heute erfolgt Verlegung in die Heil- und Pflegeanstalt Scheuern.
Heinz befindet sich vom 12.7.43 bis zum 3.11.43 in Scheuern. Die einzigen Eintragungen in seiner Akte über diese Zeit bestehen aus drei Sätzen:
12.7.43: Aufnahme mit Sammeltransport.
3.11.: Leistete Handreichungen auf der Abteilung, sonst keine Beschäftigung, wiederholt Anfälle. Heute unverändert nach Hadamar verlegt.

Heinz‘ Angehörige werden über seine Weiterverlegung nach Hadamar nicht informiert. Heinz Schwester schickt in Unkenntnis der Verlegung am 5.11.43 einen Brief nach Scheuem, der Heinz wahrscheinlich nie erreicht. Auf den Brief antwortet vielmehr der Chefarzt der Euthanasie-Anstalt Hadamar an den Vater mit folgenden Brief vom 9.11.43: "Sehr geehrter Herr Jakszt! Ihr Sohn liegt seit heute Morgen in dauernden Krampfanfällen und ist benommen. Da Herzschwäche besteht, ist Lebensgefahr nicht ausgeschlossen. Besuch ist gestattet! Der Chefarzt"

Zum Besuchstermin - so ist die gängige Praxis - muss der Junge bereits tot sein. Schon einen Tag nach dem Schreiben am 10.11.43 ist der Giftmord an Heinz Jakszt abgeschlossen. Das in Hadamar eigens für die Mordmaschinerie eingerichtete Standesamt beurkundet unter der Nummer 1376/1943 den scheinbar natürlichen Tod durch Epilepsie und Herzschwäche. Erst am 9.12.43 benachrichtigt die "Trostbriefabteilung" der Anstalt die Angehörigen vom Tod des Sohnes und Bruders Heinz Jakszt.

Insgesamt wurden in den Einrichtungen des Deutschen Reichs unter nationalsozialistischer Herrschaft 200.000 Menschen mit Behinderungen ermordet. Allein im Zuge der sogenannten Aktion T 4 wurden mehr als 70.000 Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten umgebracht. Zur Tötung ausgewählte Patientinnen und Patienten wurden vergast, durch Hungerdiäten ausgezehrt oder mit Medikamenten ermordet. Sie sind nicht offiziell als Opfer des NS-Regimes anerkannt.

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, fordert eine rasche Anerkennung der Opfer der sogenannten Euthanasie durch die Nationalsozialisten: „Die Opfer dieser Morde und der Zwangssterilisation müssen endlich offiziell als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt werden. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung lässt hoffen, denn er verspricht genau dies. Ich werde mich dafür einsetzen, dass dieser überfällige Schritt rasch vollzogen wird.“

Die Fotos zeigen den Platz des Lebens auf dem Hephata Kerngelände in Mönchengladbach. Dieser wurde 1991 als Mahnmal für die Euthanasie Opfer errichtet.

 

 

 

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