Modellprojekt Stufe: Hephata testet neue Wege

Die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW fördert Modellprojekt der Evangelischen Stiftung Hephata zur Sicherung der teilhabeorientierten Unterstützung von Menschen mit Behinderung.

Menschen mit Behinderung haben das Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe. Doch zur Umsetzung dieses Rechts, festgeschrieben in der UN-Behindertenrechtskonvention, werden engagierte Fachkräfte und Mitarbeitende benötigt, die Unterstützungsangebote machen können. Hier aber wird es problematisch: es fehlt an Nachwuchs. Gleichzeitig werden in den nächsten Jahren immer mehr Fachkräfte in den Ruhestand gehen und damit die Lücke vergrößern. Neue Ideen zur Fachkräftegewinnung, aber auch innovative Unterstützungsformen sind nötig. Grund genug für Hephata, ein Modellprojekt ins Leben zu rufen, das in einem partizipativen Ansatz die Bekanntheit und Attraktivität des Arbeitsfeldes Eingliederungshilfe ebenso in den Blick nimmt wie die Ausgestaltung individueller Unterstützungsangebote.

Noch sind genügend Fachkräfte und Mitarbeitende da, um die Menschen mit Behinderung gut zu begleiten, aber der Nachwuchs findet nicht mehr so leicht in den Bereich Eingliederungshilfe, auch weil es keinen Zivildienst mehr gibt, bei dem junge Menschen in diesem Bereich Erfahrungen sammeln können. „Wir haben und brauchen Kolleginnen und Kollegen, die gerne mit und für Menschen mit Behinderungen arbeiten“, sagt Verena Hölken, Hephata-Vorständin. „Doch was benötigen die Kolleginnen und Kollegen in der heutigen Zeit? Und was erwarten die Menschen mit Behinderung jetzt und für die Zukunft? Innovative Ideen und kreative „Out-of-the-box“-Antworten darauf will das Projekt Stufe finden.“

Das Projekt Stufe stützt sich auf ein Netzwerk: Projektpartner der Stiftung ist die Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe. Kooperationspartner sind der Landschaftsverband Rheinland (LVR) und das Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Detmold. Gefördert wird das Modellprojekt von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW mit 700.000 Euro. „Die Fachkräftegewinnung im Bereich der Eingliederungshilfe wird eine große Herausforderung für die Zukunft“, unterstreicht der Stiftungsratsvorsitzende Marco Schmitz bei der Übergabe des Förderbescheids. „Wir investieren deshalb gern in ein solches, wissenschaftlich evaluiertes Modellprojekt.“

Das Projekt, seitens der Evangelischen Hochschule geleitet von Prof. Dr. Karin Tiesmeyer, ist zweistufig aufgebaut. In der ersten Stufe wird nach Faktoren zur Motivation und Bindung von Mitarbeitenden gefragt, aber auch nach Belastungsfaktoren, der Alltagsgestaltung und Maßnahmen zur Personalgewinnung. Interviewpartnerinnen und -partner sind dabei sowohl Mitarbeitende als auch Jugendliche sowie Schülerinnen und Schüler des Hephata-eigenen Berufskollegs. Die so erhobenen Daten werden dann gemeinsam mit dem LVR ausgewertet. Im zweiten Teil des Projekts werden drei Organisationseinheiten des Wohnens betrachtet. Hier wird nach der Perspektive der Menschen mit Behinderung gefragt. Wie erleben sie die Situation? Und wie können sie bei der Gewinnung von Mitarbeitenden mitwirken?

Neben der Frage der Fachkräftegewinnung hat das Modellprojekt noch einen zweiten Schwerpunkt: es geht um innovative Unterstützungsformen, eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Angebote. „Wir wollen und werden auf keinen Fall die Teilhabe-Möglichkeiten von Menschen mit Behinderung einschränken“, sagt Verena Hölken. „Also müssen wir nach Möglichkeiten suchen, auch mit weniger Fachkräften auszukommen.“   So könnte zum Beispiel Künstliche Intelligenz eingesetzt werden. Im einfachsten Fall unterstützen Sprachassistenten bei der Musikauswahl. Welche anderen Möglichkeiten können noch sinnvoll sein? „Im Rahmen dieses Projekts sollen gemeinsam Ideen entwickelt und nach Lösungen gesucht werden, die praxistauglich sind“, erklärt Prof. Dr. Tiesmeyer den Ansatz.

Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt, aber mit der Umsetzung guter Ideen will man nicht so lange warten. „Wir werden nach der Erreichung bestimmter Meilensteine über Umsetzungsmöglichkeiten sprechen“, sagt die Professorin.

Michael Roos, Projektleiter für Hephata, glaubt an die Kraft der "Stufe": "Alle am Projekt Beteiligten werden zu Pionieren und Innovationstreibenden, was für eine tolle Möglichkeit, sich selbst mit einzubringen und so zu partizipieren - an ganz neuen Wegen, an ganz neuen Lösungen."

Bei der Übergabe des Zuwendungsbescheides am 15. Februar 2024 standen die Projekt-Beteiligten den Pressevertreterinnen und -vertretern Rede und Antwort.

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