Auf Heiner Felske ist immer Verlass!

seit 25 Jahren Ordner bei der Borussia von Angela Rietdorf

Mit über 60 Jahren hat Heiner Felske noch einmal eine große Veränderung gewagt: aus einer Wohngemeinschaft des Betreuten Wohnens ist er in seine eigene Wohnung gezogen. Nein, einsam fühle er sich nie. „Ich verstehe mich gut mit der Nachbarin, sie kommt manchmal auf ein Schwätzchen vorbei“, sagt er, „und sie hat einen netten kleinen Hund.“ Der 64jährige ist ein Mann mit vielen Fähigkeiten und Interessen. Langeweile kennt er nicht. Davon zeugt die mit Fotos, Urkunden und Wimpeln geschmückte Wand im Wohnzimmer seiner Wohnung. Fotos der Karnevalsprinzenpaare, Urkunden von Badminton- und Tischtennisturnieren, selbstgemalte Bilder und in der Mitte der Bundesliga-Spielplan. Denn Heiner ist seit einem Vierteljahrhundert Ordner bei der Borussia – eine Institution.

Weltmeister  und Borussia-Spieler Christoph Kramer kennt ihn gut. „Heiner ist für mich ein fester Bestandteil von Borussia. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich ihn im BORUSSIA-PARK sehe und ein paar Worte mit ihm wechseln kann“, sagt der Mittelfeldspieler. „ Man merkt ihm an, dass der Ordnungsdienst bei Borussia für ihn nicht nur ein Job, sondern eine echte Herzensangelegenheit ist." Auf Heiner ist immer Verlass. Im Sommer kommt er mit dem Fahrrad, im Winter mit dem Shuttlebus. Eine Stunde, bevor die Tore sich öffnen, ist er da um zu helfen, die Tribünen und Räumlichkeiten zu überprüfen. „Wir gucken dann überall nach und wenn man etwas findet, muss man es dem Chef zeigen“, erklärt er seine Aufgabe. Dann nimmt er in seiner Ordnerkleidung Aufstellung am Fahrstuhl. Der Fahrstuhl sei nur für Rollstuhlfahrer und diejenigen, die nicht laufen könnten, sagt er. „Aber die Begleiter können mit hochfahren.“ Er zeigt den Rollifahrern auch die Toiletten, überprüft in der Pause, ob die sanitären Anlagen sauber sind und gibt gegebenenfalls der Putzkolonne Bescheid. Viele der Stammgäste freuen sich schon, wenn sie Heiner sehen. Sie holen ihm mal ein Getränk. „Aber kein Bier im Dienst“, betont er.  „Nur Wasser.“ Allerdings lässt sich der Kontakt mit Bier nicht immer vermeiden. „Ich habe auch schon mal einen Becher voller Bier abgekriegt“, sagt er und schüttelt den Kopf. „Das war nicht schön.“ Auch Prügeleien hat er schon erlebt, aber nichts, was ihn jemals abgeschreckt hätte. Komme, was da wolle, er ist im Dienst. Ob es stürmt, regnet, schneit oder draußen 35 Grad sind, Heiner fehlt nicht. „Das geht nicht“, sagt er überzeugt. Für seinen 25jährigen ehrenamtlichen Einsatz hat ihn Borussias Vize-Präsident Reiner Bonhof geehrt.

Der Kontakt zur Borussia entstand vor Jahrzehnten auf dem Hephata-Sportplatz, wo Heiner und andere mit dem damaligen Borussiaspieler Ewald Lienen,  dessen Frau Rosi bei Hephata arbeitete, gekickt hat. „Als er verletzt war, sind wir alle mit einem riesigen Blumenstrauß ins Krankenhaus gegangen und haben ihn besucht“, erzählt er. Seitdem interessiert Heiner sich für Fußball.

Der 64jährige erinnert sich noch gut an seine ersten Einsätze als Hundebegleiter auf dem alten Bökelberg, aber auch an sein späteres Zusammentreffen mit Matthias Sammer. „Ich war dafür zuständig, einen Riesenball mit Werbung vor dem Spiel und in der Pause auf dem Rasen zu platzieren und wieder wegzuräumen“, erzählt er. Einmal aber – beim Spiel Borussia Mönchengladbach gegen Borussia Dortmund -  habe es so geregnet, dass der Ball sehr schwer war und er ihn nicht allein vom Spielfeld herunter bekam. Die Spieler kamen schon auf den Platz und der Werbeball lag immer noch da. „Da habe ich Matthias Sammer gefragt und er hat ihn mit mir aus dem Stadion gebracht. Er war sehr nett“, sagt Heiner.

Für die aktuelle Saison bleibt der Ordner, der seit 25 Jahren praktisch kein Heimspiel verpasst hat, optimistisch. „Ich hoffe, sie schaffen die Champions League."

Heiner Felske wurde 1954 in Langenfeld geboren und lebte als Kind auf dem zu Hephata gehörenden Benninghof in Mettmann. Mit 14 Jahren zog er nach Mönchengladbach ins  Julius-Disselhoff-Haus auf dem Hephata-Gelände. Damals gab es noch große Gemeinschaftsschlafsäle. Er schlief mit fünf anderen Jungen in einem Schlafsaal. Später zog er erst in ein Wohnheim, dann in eine Wohngemeinschaft. Seit 2018 lebt er selbstständig in seiner Wohnung in Mönchengladbach-Geistenbeck. Einmal in der Woche bekommt er Unterstützung bei der Planung, sonst macht er alles allein. Er kauft ein und kocht, gern Nudelsuppe und Nudelsalat. „Und es gibt eine Pizzeria um die Ecke“, lacht er.  Neben dem Fußball hat er noch andere Hobbys:  unter anderem ist er Mitglied in der Eickener Karnevalsgesellschaft Schöpp op, spielt regelmäßig Badminton und läuft auch Ski. Sogar in einem Mundharmonikachor hat er schon gespielt. Wenn Borussia am Wochenende kein Heimspiel hat, macht er sich oft auf den Weg  nach Langenfeld zum Grab seiner Mutter, die vor 16 Jahren verstorben ist. „Ich fahre mit dem Zug hin, bummle noch ein bisschen durch die Stadt und bringe dann einen Blumenstrauß aufs Grab.“

Seit 25 Jahren – so lange wie er bei Borussia Ordner ist – arbeitet er im Lager der Hephata Werkstätten. Die Mitarbeiter dort überprüfen Stückzahlen und verpacken Produkte in kleinere Gebinde. „Manchmal sehe ich die Sachen, die wir verpackt haben, im Laden“, freut er sich. Er liebt seine Arbeit. „Ich mache alles gern.“ Und wenn mal weniger zu tun ist, putzt er den Aufenthaltsraum oder das Büro. Auf Heiner Felske ist  immer Verlass! Bei den Sommerfesten steht er stundenlang am Grill. „Heiner ist ein wahrer Grillmeister“, sagt Hephata-Mitarbeiter Bart Schouenberg und Heiner lacht. Er lacht überhaupt gern. Er grillt auch beim Motorrad-Gespannfahrer-Treffen, das regelmäßig auf dem Gelände der Betriebsstätte Erftstraße der Werkstätten  stattfindet. Bei dessen Vorbereitung ist er dabei, seit neuestem auch im Organisationsteam, kocht Kaffee und räumt hinterher mit auf. „Abhauen, wenn es Arbeit gibt, das kann ich nicht“, sagt er. Und weggucken, wenn Hilfe gebraucht wird, auch nicht. „Beim letzten Mal ist eine Frau umgekippt. Ich habe ihr geholfen und dann schnell einen Krankenwagen gerufen.“ Was Heiner Felske in die Hand nimmt, bleibt nie ein Job, wird echte Herzensangelegenheit.

Angela Rietdorf lebt und arbeitet als freie Journalistin in Mönchengladbach

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